Ein Reisebureau hatte für eine Reihe von Sonntagen Extrazüge bestellt und sich verpflichtet, für jeden Zug 250 Mark zu bezahlen. Der Zug sollte 400 Plätze, alle dritter Klasse, haben.
Am ersten Sonntag hatte das Bureau den Fahrpreis auf 2 Mark festgesetzt, und es kamen 125 Theilnehmer. Die Roheinnahmen betrugen also 250 Mark, ebensoviel wie die Ausgaben.
Nun sagten sich die Direktoren des Bureaus: „Mit diesem Preis kommen wir ja nur auf unsere Selbstkosten; etwas müssen wir doch verdienen“; und so wurde der Preis auf 3 Mark erhöht. Nächsten Sonntag kamen 50 Theilnehmer. Das Ergebnis war eine Einnahme von 150 Mark, und ein reiner Verlust von 100 Mark.
Daraufhin meinte man im Bureau: „Die Durchschnittskosten betragen ja 5 Mark für die Person, und wir befördern die Reisenden für 3 Mark; so kann es nicht gehen“. Der Preis wurde jetzt auf 6 Mark erhöht mit dem Ergebnis, daß der Zug am Sonntag nur 6 Reisende beförderte. Der Verlust steigerte sich jetzt auf 214 Mark.
Jetzt endlich traten die Direktoren zusammen und sagten sich: „Diese Geschichte mit den Selbstkosten muß doch ein Unsinn sein: die bringt uns ja nur Verluste.“ So wurde der Preis auf einmal auf 1 Mark herabgesetzt. Der Erfolg war glänzend: Die Zahl der Reisenden betrug den nächsten Sonntag 400; es entstand ein Überschuß von 150 Mark, und das Merkwürdigste von allem, die Selbstkosten waren auf 62,2 Pfennig für die Person gesunken.
(aus: Cassel, G.: Grundsätze für die Bildung der Personentarife auf den Eisenbahnen, in: Archiv für Eisenbahnwesen, 23. Jg. (1900), S. 116-146 und 402-424, hier S. 128)